Der Engel vor der Tür by Edith Mikeleitis

Der Engel vor der Tür by Edith Mikeleitis

Autor:Edith Mikeleitis [Mikeleitis, Edith]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Spiritualität, Roman
Herausgeber: Ehlers
veröffentlicht: 2015-11-17T16:00:00+00:00


Saskia zeigte sich verwandelt, seitdem Hendrick ihr die Grüße der Verwandten aus Friesland gebracht und ihr gesagt hatte, man sei der Überzeugung, der Tod ihrer Kinder sei die Strafe für das hoffärtige Leben ihres Mannes.

Nur zögernd und sehr verschleiert sprach sie davon. Sie zwang sich zu einem Scherz darüber, doch er gefror ihr im Munde.

Seine erste Neigung war, Hendrick das Haus für immer zu verbieten.

„Kümmere dich nicht um diese Menschen. Sie werden dich niemals begreifen. Was du ihnen auch sagen könntest – sie werden darüber spotten oder grollen. Es gibt keine Verständigungsmöglichkeit zwischen ihnen und dir.“

„Man muss sich wehren, Saskia. Sie glauben sonst, dass sie im Recht seien. Warum sprichst du noch mit Hendrick? Weißt du nicht, dass er uns betrügt? Wahrscheinlich hat er mich schon um mehr begaunert, als dein Erbteil wert ist.“

Saskia schlug die Hände vor das Gesicht. In ihrem seidenen Morgenrock sah sie rührend aus. Gab es einmal das kecke Mädchen, das ihm an der Anthonys-Schleuse begegnet war? Ein Leidenszug um ihren Mund ...

Dennoch fand er sie um das Tausendfache verschönt. Eine ins Unaussprechliche gehobene Schönheit.

Auch ihre Zärtlichkeit hatte sich verwandelt. Selten noch schmiegte sie sich an ihn, dann jedoch mit verzehrender Inbrunst. Als wollte sie das Leben festhalten – nicht nur den einen seligen Augenblick.

„Ich weiß, dass Hendrick dich betrügt. Sie schulden dir alle mehr, als sie wissen. Du beschenkst alle. Sie nehmen und glauben, sie seien die Gebenden. Gestern war ich bei Rumbertus. Ohne ihn wäre alles zu schwer für mich geworden.“

Sie drängte ihn in ihren Lehnstuhl am Fenster und setzte sich auf seinen Schoß. Früher saßen sie oft so, ineinander vertieft, zärtliche Kinder, die die Welt nicht brauchten.

„Was hat der Alte gesagt, Saskia?“

Sie dachte nach. Zwischen ihre Brauen grub sich die kleine Falte. Sie zeigte sich auch, wenn sie schlief. Sie war nicht das leicht dahinlebende Wesen, als das sie sich zu geben beliebte. Ihre Züge hatten sich vertieft. Jede Linie, die Hände, deren zarte Finger sich gern schnell bewegten, wenn sie sprach – alles das war ihm vertrauter als sein eigener Atem.

„Ja, was hat der Alte gesagt? Es war so viel, ich kann es nicht wiedergeben. Kaum weiß ich, wie er anfing. Doch dann schlug er ein Buch auf und las mir vor. Nur so viel behielt ich: Der Mensch ist immer derselbe, ob er geboren wird, Schicksalsfäden spinnt oder stirbt – er ist immer derselbe. Was auch geschieht – er bleibt. Er ist einbezogen in das Ganze. Er kann nicht daraus fallen. Geburt und Tod sind Schleier, die ihn nicht verändern. Sie sollen ihn seiner selbst bewusst machen. Der Mensch bleibt derselbe – immer derselbe. Darum sind auch unsere Kinder niemals aus dem Leben gefallen. Das hat er gesagt.“

Fast plappernd reihte sie die Worte auf wie ein gelerntes Stück aus dem Lesebuch. Sie hatte nichts davon begriffen, aber sie hielt sich daran, weil sie sich vor dem Fallen fürchtete.

„Der Alte sagte, er wolle für unsere Kinder beten. Er sagte, es sei Kraft, das Beten, Gotteskraft. Es sei Einswerden mit Gott. Es zwänge ihn, das zu tun, worum der Mensch betet.



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